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Recyclingpapier aus der Region: zwei Unternehmen, eine Vision für Berlin-Brandenburg

Warum Bäume fällen, wenn direkt in den blauen Tonnen vor unserer Haustür Berliner Tageszeitungen von ihrem Comeback als nachhaltiger Rohstoff träumen? Regionale Produkte sind längst über den Wocheneinkauf hinaus eine feste Größe nachhaltigen Handelns – für uns also höchste Zeit, auch im Druck neue Standards zu setzen. Zusammen mit dem Recyclingexperten LEIPA in Schwedt/Oder haben wir Nachhaltigkeit für unsere Region weitergedacht und ein neues Recyclingpapier entwickelt: regioloop. Die gemeinsame Vision? Ein geschlossener Papier- und Druckkreislauf für die Hauptstadtregion.

Unser Papier von hier wird zu 100 % aus in Berlin-Brandenburg gesammeltem Altpapier hergestellt und nur ein Stündchen von unserer Druckerei entfernt, in der modernen LEIPA Papierfabrik, dem Wertstoffkreislauf zugeführt. CIO der LEIPA Group GmbH Robin Huesmann und Pinguin Druck Geschäftsführer Alexander Mende erzählen in unserem Interview vom gemeinschaftlichen Projekt – und der Mission dahinter.

Ein nachhaltiger Papier- und Druckkreislauf für die Hauptstadtregion, was bedeutet das für Sie?

Robin Huesmann: Wir sind sehr stark in der regionalen Beschaffung des Papierbedarfes rund um unseren Schwedter Standort. Wir sagen gern „Berlin ist unser Wald“. Ergänzend bieten wir mit privaten Ankaufstellen zahlreichen Vereinen, sozialen Einrichtungen, Kindergärten und Schulen die Möglichkeit, Papier zu sammeln und uns gegen Entgelt bereitzustellen. Wir führen damit nachhaltige Ansätze des alten SERO Systems fort und tragen ein wenig zur Aufklärung in Sachen Nachhaltigkeit und Umwelterziehung bei. Zugleich unterstützen wir soziale Projekte. Wir übernehmen damit ganz aktiv Verantwortung für die Region, Menschen und Umwelt.

Alexander Mende: Für uns bedeutet es, dass wir unser langjähriges Engagement für mehr Nachhaltigkeit um einen weiteren Faktor erweitern: die Regionalität. Wir bieten seit 2010 FSC®-zertifizierte Papiere und Recyclingpapiere an. Aber die kommen nicht unbedingt aus der Region. Jeder Kilometer, den das Papier auf der Straße zurücklegt, geht zu Lasten unserer Umweltbilanz. Nun haben wir mit der LEIPA einen regionalen Partner gefunden, der in der Lage ist, nicht nur die Lieferketten erheblich zu verkürzen, sondern auch den Rohstoff Altpapier direkt in der Region zu „ernten“. Damit kreieren wir einen wirklich geschlossenen regionalen Wertstoffkreislauf.

Wie kam es zur Idee und zur Kooperation der beiden Unternehmen?

Huesmann: Wir sind immer an ressourcenschonenden Kreisläufen interessiert. Je kürzer diese sind, umso besser. Idealerweise lässt sich eine Cradle-to-Cradle-Lösung etablieren. Also geschlossene Kreisläufe von Papierproduktion, umweltfreundlicher Logistik – bevorzugt per Schiff oder Schiene –, Verarbeitung, Abholung und Verwertung des Altpapiers. Pinguin war hier durch die Nähe – vom regionalen Aspekt her, wie auch vom Umweltgedanken und der Eigentümerstruktur – ein naheliegender Partner. Ich freue mich sehr über diese Kooperation.

Mende: Die Idee, ein regionales Recyclingpapier anzubieten, ergab sich bei uns aus zwei Faktoren. Zum einen haben wir festgestellt, dass einige unserer Kunden verstärkt auf Nachhaltigkeit achten. Einige haben auch das Thema Regionalität schon verinnerlicht. Für uns ist klar: Wer sich im Supermarkt für regionales Obst statt „Flugobst“ entscheidet, der sollte auch beim Drucken ein regionales Produkt zur Auswahl haben. Zum anderen sind wir seit unserer Gründung stark in der Region verankert. Wir verstehen uns als lokale und regionale Druckerei, ob bei der Beratung vor Ort, dem Andruck an der Maschine oder dem Sofortdruckservice. Es geht uns darum, hier etwas zu bewegen, nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch, also Arbeitsplätze in der Region zu schaffen und zu erhalten.

Da ging die Initiative genau in die richtige Richtung. Was versprechen Sie sich von der Zusammenarbeit?

Huesmann: Altpapier ist ein ganz besonderer Rohstoff mit viel Vergangenheit, Zukunft und jeder Menge Nachhaltigkeit. Aus ihm lassen sich hervorragende und innovative Papiere herstellen. Mittlerweile verwandeln wir als Marktführer jedes Jahr 1,5 Millionen Tonnen Altpapier in neue Papierprodukte. Wir sind also in vielerlei Hinsicht ein Vorreiter in der Branche. Nach wie vor freuen wir uns jedes Mal, wenn sich ein Kunde – ob nun Verleger, Druckerei, Brand Owner oder Werbetreibender – für eine nachhaltige Papierlösung entscheidet. Die Zusammenarbeit mit Pinguin bietet eine ideale Gelegenheit, Kunden in der Region von unserem Papier zu überzeugen und zu begeistern. Was will man mehr?

Mende: Die Papierherstellung und -nutzung gilt traditionell als sehr ressourcenintensiv. Gleichzeitig sind aber auch die Möglichkeiten groß, den Einsatz von Ressourcen erheblich zu verringern und mehr Nachhaltigkeit zu leben. Der hohe Anteil von Recyclingpapieren in Deutschland ist dafür ein gutes Beispiel. Wenn man jetzt auch noch die Regionalität ins Spiel bringt, ist man schon ein gutes Stück weiter. Wir haben schon den Anspruch, da auch ein bisschen Vorreiter zu sein und das Bewusstsein dafür zu stärken. Und wer weiß, vielleicht macht unser Beispiel Schule, und die Regionalität gewinnt auch in unserer Branche einen höheren Stellenwert. Es gibt zum Beispiel nach meinem Kenntnisstand bisher noch kein Siegel oder Zertifikat für regional hergestelltes Recyclingpapier, bei dem es sich, nebenbei bemerkt, auch um ein wirklich tolles Produkt handelt.

Apropos Produkt, können Sie darüber etwas mehr sagen? Welches Regio-Recyclingpapier bieten Sie an? Welches Produktspektrum können Sie damit abdecken?

Mende: Unser neues regioloop Recyclingpapier deckt ein breites Produktspektrum ab – von Geschäftsberichten und regional recycelten Unternehmensbroschüren in unserem Online-Shop bis hin zu Flyern, Büchern und Umschlägen in unserem Individualdruck.

Sehen Sie Frischfaserpapiere als Rivalen von Recyclingprodukten?

Huesmann: Rivalen ist das falsche Wort. Marktbegleiter und Komplementär trifft es besser. Manchmal eignet sich das eine eben besser als das andere. Eine Zufuhr an frischen Fasern wird zudem für den Kreislauf benötigt. Aber wir sind es, wenn ich das so salopp sagen darf, die den Kreis final schließen und vervollständigen.

Welche Möglichkeiten ergeben sich aus Ihrer Sicht noch für mehr Nachhaltigkeit in der Papierbranche?

Mende: Der Anteil von Recyclingpapieren ist ja insgesamt schon recht hoch, besonders bei Verpackungen. Wenn das Altpapier dann auch noch regional gesammelt und das Recyclingpapier in der Region erzeugt wird, können wir die Transportwege – und damit die Emissionen – sicherlich erheblich reduzieren. Unsere Initiative geht da – in aller Bescheidenheit gesagt – schon in die richtige Richtung. Und natürlich muss der Anteil regenerativer Energien bei der Herstellung noch weiter gesteigert werden. Wir produzieren übrigens schon seit Jahren zu 100 % mit Ökostrom.

Huesmann: Die Nutzung von Altpapier und der Umweltschutz sind für uns ganz wichtige Ausprägungen von Nachhaltigkeit, doch hat Nachhaltigkeit für uns noch ganz viele andere Facetten und Dimensionen. Die Ausbildung des eigenen Nachwuchses, Schaffung von zukunftsfähigen Arbeitsplätzen und die damit einhergehende Stärkung der Region sind für uns als Unternehmen – und für mich als Unternehmer – eine Herzensangelegenheit. Ergänzend beschäftigen wir uns aber auch aktiv mit Themen wie VR, KI, CO2-Einsparung und Wasserstoffantrieb. Und wir investieren in Start-ups mit innovativen Ideen. Man muss am Ball bleiben. Wir denken deshalb nicht nur an heute, sondern stets auch immer gleich an das Morgen.

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